Sieh an, die Zeiten ändern sich. Noch vor 10 Monaten wurde ich für meine bahnbrechenden Ideen ausgelacht. Heute denken einige nach. Was ist geschehen? Der Negativzins bestimmt die Schlagzeilen der Weltpresse. Aber die meisten Betrachter denken dabei lediglich einseitig. Der Negativzins, über den die Akteure der Finanzwelt diskutieren, bezieht sich heute fast immer nur auf den Habenzins. Also auf das, was Sparer und Anleger „haben“ sollten (nämlich den Sparzins, den Einlagenzins).
Was aber ist eigentlich mit dem Negativ-Kreditzins? Obwohl kein Notenbanker und kein Geschäftsbanker in diese Richtung denkt und wohl keiner einen Negativ-Kreditzins für möglich und auch nicht für sinnvoll erachtet, ist das Ganze durchaus eine Überlegung wert. Halt, das stimmt nicht ganz; denn inzwischen denkt auch Mario Draghi plötzlich rein thesenhaft über solche Ideen nach, wie ich hier in Florida auf der FIA-Derivate-Konferenz in Boca Raton erfahre. Und ich frage mich, ob der EZB-Chef nach langer Zeit des Schweigens und der Ignoranz inzwischen doch auf mich hört? Vieles spricht dafür. Denn dass Mario von sich aus zum „Querdenker“ geworden ist, bezweifle ich.
Worum geht es? Ich habe dem EZB-Chef und anderen Notenbankern in einem offenen Brief an meinem Geburtstag im Mai des vergangenen Jahres – also vor rund 10 Monaten – diesen Negativ-Kreditzins (also Geldgeschenke für Europas Bürger) als interessante Alternative ans Herz gelegt. Während andere eine solche Idee als „unmöglichen Ansatz“ abgetan haben, erkannte ich die Verzweiflung, in die sich
der EZB-Obere mit seiner schwachsinnigen Geldpolitik bewegen würde. Für mich war seinerzeit bereits klar, dass sich die EZB gedanklich in diese Richtung bewegen muss. Denn ein Negativ-Zins bei der Kreditvergabe wäre halt nichts anderes als ein Geschenk an die Akteure der Wirtschaft. In diesem Fall ließe sich das Ganze sogar auf den privaten Bürger beschränken. Welche grandiose Idee? Das Großkapital wäre plötzlich für den „kleinen Mann“ da. Solche Gedankenansätze sind zwar ökonomisch Neuland, aber durchaus sinnvoll – zumindest in beschränkter Form und für eine bestimmte Zeit. …weiterlesen